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Toten-Tanz der geklonte Vampire

Literatur-Abend in der Havenbar mit Elhardt und Schneidewind

(go) Die Literatur, das weiß man, antwortet auf diejenigen Fragen, bei der Philosophie, Religion und die große Politik längst kapituliert haben. Zum Beispiel: "Wie löst der Rat der Vampire die Probleme, die sich bei der Umstellung der ‚Transsylvanischen Blutbank' von Plan- auf Marktwirtschaft ergeben?" Oder : "Wie feiert man Weihnachten, wenn es keine Plastiktannenbäume mehr gibt?" Oder noch wesentlicher: "Warum bloß heißt Schloss Monrepos ‚Monrepos'?"

Auf diese und weitere Fragen gaben Armin Elhardt und Friedhelm Schneidewind bei ihrer gut besuchten Lesung in der "Havenbar" Antworten.

Am Anfang stand die Zukunft: Friedhelm Schneidewind aus Mannheim malte ein Szenario, bei dem müllfressende Bakterien sich unerlaubterweise auch über alle anderen Plastiksorten hermachen, was dazu führt, dass parallel zum schmelzenden Plastik auch alle sozialen und politischen Strukturen zerbrechen: Die größte staatliche Einheit auf dem "ehemaligen" Bundesgebiet ist nur noch so groß wie das Saarland.

Wohin Jugendwahn und Überalterungsproblem führen können demonstrierte der Autor an einer makabren Kurzgeschichte, in der "überflüssige Alte" nach Ablauf der gesellschaftliche verträglichen Lebenszeit dem Recycling in Organbanken und Lebensmittelfabriken zugeführt werden. Armin Elhardt aus Freiberg hat so seine eigene Art mit Lampenfieber umzugehen: Er kam gar nicht selbst sondern sandte gleich seinen Klon - Elhardt Zwo - der, so versicherte er, "live viel besser ist, als das Original". Komisch-absurd und symbolistisch-grotesk ging es denn auch weiter: Da baut der Ehemann aus Leichentelen seiner im Streit zerbrochenen Frau ein Cello und spielt darauf deren Lieblingsmelodien. Elhardt, begleitet von Musik und Geräuschen von der CD, klingt weniger wie ein moderner Poet sondern eher wie ein Rapper und ist vielleicht gerade deshalb moderner als mancher nur scheinbar innovative Jung-Lyriker. Erzählt Elhardt vom "Totentanztee in Walhall", muss man sich beherrschen, um nicht im Rhythmus mitzuschnippen. Aber: Warum eigentlich sollte man nicht?

Der Autoren-Klon macht die Lesung zum Spiel mit dem Publikum, witzelt von "Autorenbeäugung" als "integrierter Fleischbeschau" und redet nebenbei mit einem unsichtbaren Besserwisser irgendwo zu seiner Rechten.

Zum Abschluss bietet Elhardt etwas für den literaturgeschichtlich Vorbelasteten: In einer anspielungsreichen Maskenballade über ein rätselhaftes Portrait von Goethe, das diesen mit indianischem Federputz zeigt, lässt er alle weimarischen Größen in der jeweils passenden Verkleidung ihren Mummenschanz treiben. Mit Vampirgeschichten und -gedichten und einem in die Atmosphäre mehr als passenden Trinklied von Francois Villon verabschiedete Friedhelm Schneidewind die Gäste der Lesung zum Nachfüllen der Gläser an die Theke der Havenbar.

Copyright (c) 2001 by Oliver Gassner (http://oliver-gassner.de). This material may be distributed only subject to the terms and conditions set forth in the Open Publication License, v1.0 or later (the latest version is presently available at http://www.opencontent.org/openpub/). Distribution of substantively modified versions of this document is prohibited without the explicit permission of the copyright holder. Distribution of the work or derivative of the work in any standard (paper) book form is prohibited unless prior permission is obtained from the copyright holder.


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